VARUSSCHLACHT im OSNABRÜCKER LAND
MUSEUM UND PARK KALKRIESE
Archäologische Forschungen zur Varusschlacht in Kalkriese 1987 2002
Im Sommer 1987 hätte sich niemand im Osnabrücker Germanen gegen römische Truppen gedeutet werden
Land träumen lassen, dass Bramsche Kalkriese konnte, gleich in den ersten Grabungswochen war
aufgrund archäologischer Forschungen einmal so ins ausschlaggebend für die Einschätzung der Bedeutung
Blickfeld der Öffentlichkeit geraten würde, wie dies dieser Fundstelle. Inzwischen liegen hier fast 5000 Teile
inzwischen aufgrund der römischen Funde, die seit und Bruchstücke römischer Ausrüstungen vor. Dabei ist
nunmehr 15 Jahren in immer größerer Zahl aus dem alles vertreten, was römische Truppen auf einem
Boden gekommen sind, geschehen ist. Marsch dabei hatten: unterschiedliche Waffen (Lanzen ,
Speer und Pilumspitzen, Schwert und Dolchteile,
Als im Juli 1987 der englische Offizier und Hobby sogar Geschützbolzen), persönliche Ausstattung wie
Archäologe Major Tony Clunn bei Alt Barenaue in Fibeln, Fingerringe, Metallgefäße, aber auch Zubehör
Kalkriese einen Schatzfund mit 162 römischen Silber von Reiter, Pferd und Wagen sowie von Handwerkern.
münzen fand, wurde zwar ein Zusammenhang mit der Allerdings sind nicht mehr alle ursprünglich verlorenen
Varusschlacht 9 n.Chr. gesehen, doch der Gedanke, Teile vorhanden. Nach den Kämpfen wurde das
dass man damit den seit Jahrhunderten gesuchten Ort Schlachtfeld von den Germanen geplündert, die alle
der "Schlacht im Teutoburger Wald" gefunden haben auffindbaren Stücke zumindest aus Metall
könnte, war noch lange nicht aktuell. Erst nach der mitgenommen haben, da sie wertvolles Rohmaterial
Entdeckung von römischen Schleuderbleien, die auf die darstellten: Es konnte wieder eingeschmolzen und
Anwesenheit römischen Militärs schließen ließen, und umgearbeitet werden, sofern es nicht direkt verwendbar
einer germanischen Wallanlage auf dem Feld war wie z.B. ein Teil der Waffen. Schwere Leder und
"Oberesch" bei Ausgrabungen, die Ende 1989 be Holzteile z.B. von Schilden oder Wagen hat man
gannen, wurde ganz allmählich deutlich, dass es sich wahrscheinlich überwiegend liegen lassen, um sich
um ein Schlachtfeld und zwar vermutlich das der durch den Transport nicht unnötig zu belasten; diese
Varusschlacht handelt. Materialien waren den Germanen ohne Probleme
Die Ergebnisse, die in den letzten Jahren durch umfang zugänglich, Eisen, Bronze oder gar Silber und Gold
reiche Geländearbeiten erzielt werden konnten, hingegen nicht. Auffindbar sind heute deshalb nur
entsprachen vielleicht nicht unbedingt den bisherigen geringe Reste: meistens Kleinteile oder kleine Bruch
Vorstellungen von Hinterlassenschaften dieser aufgrund stücke von Ausrüstungsgegenständen, gelegentlich
der Überlieferung römischer Schriftquellen bekannten auch größere Teile, wenn diese direkt vor dem Wall
Auseinandersetzung zwischen Römern und Germanen. lagen und von abrutschenden Grassoden verdeckt
Durch die systematische Geländeprospektion mit Metall wurden. Im Rahmen der Auswertung von Fund -
detektoren, die auch in den letzten Jahren durchgeführt streuungen und Befunden soll der Versuch unter -
wurde, wurde immer deutlicher, dass wir es nicht mit nommen werden, anhand der Kartierung bestimmter
einem einzelnen Schlachtfeld, sondern mit einem Fundgruppen bzw. Merkmalen an Funden nähere Infor -
riesigen Schlachtareal zu tun haben. Einzelfunde und mationen zum Ablauf der Kampfhandlungen und zu den
Fundkonzentrationen meistens Münzen, gelegentlich Plünderungen zu gewinnen.
auch Militaria lassen darauf schließen, dass römische Der Verlauf der Befestigungsanlage ist heute Über eine
Truppen im Gebiet zwischen Gebirge und Moor, Hase Strecke von 400 m nachgewiesen; außerhalb des Ober -
und Hunte auf einer Fläche von mehr als 50 kM2 an esches gibt es derartige Anlagen bisher nicht, und auch
verschiedenen Stellen in Kampfhandlungen verwickelt die Fundmenge ist an anderen Stellen erheblich
waren. geringer. Die Forschungen der vergangenen Jahre auf
Als immer noch aufschlussreichste Fundstelle hat sich dem Oberesch galten nicht in erster Linie der Bergung
der "Oberesch" erwiesen, auf dem seit 1989 fast von Funden, sondern u.a. der Ermittlung von Verlauf und
ununterbrochen archäologische und begleitende natur Konstruktion der Wallanlage. Diese scheint innerhalb
wissenschaftliche Untersuchungen durchgeführt worden kurzer Zeit errichtet, aber längerfristig vorher geplant
sind. Die Entdeckung interessanter römischer Militaria worden zu sein. Taktische Überlegungen dürften dabei
darunter die eiserne Gesichtsmaske eines Reiterhelmes eine Rolle gespielt haben, wie der Verlauf des Walles mit
und einer Wallanlage, die als Hinterhalt der mehreren bastionsartigen Vorsprüngen zeigt. Verwendet
wurden für den Wallbau, je nach Verfügbarkeit, unter Glocke am Hals, 2001 Skelettteile von 2 weiteren
schiedliche Materialien: Rasensoden, Sand, im Westteil Maultieren. Erhalten geblieben sind auch diese Befunde
auch Kalksteinbrocken. Durch Tore und Durchlässe nur, weil sie direkt am Wall lagen und durch die ein
konnten die Germanen aus dem Hinterhalt auf das stürzenden Flanken schon im Zuge der Kämpfe oder
Schlachtfeld ausbrechen, sich aber auch zurückziehen. unmittelbar danach verdeckt worden waren.
Ein Drainagegraben an der Innenseite sorgte dafür, dass So hielt der "Oberesch" in den vergangenen Jahren
der Wall bei Regenfällen nicht unterspült wurde. immer wieder Überraschungen für die Forschung bereit
Wichtig für die Interpretation des Gesamtgeschehens ist Zurzeit werden die Ergebnisse der Grabungen und der
nicht nur der Wall, sondern auch die Entdeckung von naturwissenschaftlichen Begleituntersuchungen
Knochen und vor allem Knochendeponierungen. Bisher ausgewertet und die Publikationen vorbereitet um über
wurden fünf Gruben entdeckt, in denen Überreste von die bisherigen Arbeiten Rechenschaft abzulegen.
Toten aus der Schlacht Menschen, Maultiere, Pferde Da in Kalkriese erstmals Ausgrabungen auf einem
lagen. Die Toten waren nach der Schlacht offenbar antiken Schlachtfeld in einem derartigen Umfang
einige Jahre auf der Oberfläche liegen geblieben, erst 2 durchgeführt werden, ist die Darstellung dieser Arbeiten
bis 10 Jahre später wurden die noch erkennbaren Reste darüber hinaus wichtig, um die neue Forschungs -
bestattet Vermutlich geht dies auf römische Legionen richtung "Schlachtfeldarchäologie" zu definieren und
unter dem Feldherrn Germanicus zurück, der die Stätten Wege für zukünftige Untersuchungen aufzuzeigen
der Schlacht während eines Feldzuges 5/16 n.Chr. sowohl im Areal der Varusschlacht, als auch an Orten,
besucht haben soll. wo andere antike Schlachtfelder vermutet werden,
Außer diesen Knochenfunden kamen einige unge bisher aber nie genau zu lokalisieren waren.
wöhnliche Fundkomplexe mit Tierknochen zutage: 1992
Reste eines Maultieres mit Anschirrungsteilen, 2000 ein Dr. Susanne Wilbers Rost
fast vollständiges Maultier mit Trense im Maul und Leiterin Archäologie
Historische Quellen zur Varusschlacht
Zum besseren Verständnis der Ausstellung über den Verlauf der Varuskatastrophe ist es unerläßlich, sich zunächst die wesentlichen Angaben der historischen Quellen hierüber ins Gedächtnis zurückzurufen.
um 12 MANILIUS
um 17 STRABO * 63 v. Chr. - 20 v. Chr.
um 29 VELLEIUS Paterculus * 20 v. Chr. - 29 v. Chr.
um 50 Lucius Annaeus SENECA *l v. Chr. - 65 n. Chr.
um 86 Sextus Iulius FRONTINUS *40 n. Chr. - 103 n.Chr.
um 116 Publius Cornelius TACITUS *55 n. Chr. - 117 n.Chr.
um 120 Caius Tranquillus SUETON *75 n. Chr. - 140 n. Chr.
um 125 Lucius/Publius Annaeus FLORUS
um 200 Cocceianus Cassius DIO *155 n. Chr. - 229 n. Chr.
um 400 Paulus OROSIUS
um 1100 ZONARAS